Fragen und Antworten zum Betriebsrat
1. Welche Aufgabe hat der Betriebsrat?
Dr. Wolf-Rüdiger von der Fecht
Partner, Rechtsanwalt und Steuerberater
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Im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sind die unterschiedlichen Aufgaben des Betriebsrates im Einzelnen aufgezählt. Wichtig ist, dass der Betriebsrat gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG mit dem Arbeitgeber unter Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebes zusammen zu arbeiten hat. Der Betriebsrat soll zudem mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zusammenwirken.
Unter § 80 BetrVG werden die allgemeinen Aufgaben des Betriebsrates zusammengefasst. Zum Beispiel ist dort aufgeführt, dass der Betriebsrat darüber zu wachen hat, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden.
Zudem hat der Betriebsrat konkrete Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte in folgenden Bereichen:Nach § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben. Das Unternehmen hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und dessen Zustimmung zu der geplanten Maßnahme einzuholen. In welchen Fällen der Betriebsrat das Recht hat, seine Zustimmung zu verweigern, ist in § 99 Abs. 2 BetrVG geregelt. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die personelle Maßnahme u.a. gegen ein Gesetz, gegen eine Bestimmung aus dem Tarifvertrag oder gegen eine gerichtliche Entscheidung verstoßen würde.
§ 102 Abs. 1 BetrVG bestimmt, dass der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören ist. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Die ausgesprochene Kündigung wird als unwirksam angesehen, wenn die Anhörung des Betriebsrates fehlt oder inhaltliche Mängel hat.
Auch im Rahmen einer Betriebsänderung ist gemäß § 111 Abs. 1 BetrVG in Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern der Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit ihm zu beraten.
Durchsetzbare Mitwirkungsrechte des Betriebsrates sind unter § 87 Abs. 1 BetrVG geregelt. Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, zum Beispiel ein Mitbestimmungsrecht, wenn es um Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb oder wenn es um Fragen bezüglich des Beginns und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage geht.
Über mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber ersetzen kann, können die Betriebsparteien eine Betriebsvereinbarung gemäß § 77 BetrVG schließen. Wenn eine Einigung mit dem Unternehmen nicht zu erzielen ist, entscheidet die Einigungsstelle. Daneben sind auch teilmitbestimmte und freiwillige Betriebsvereinbarungen möglich. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Betriebsvereinbarungen und ihrer jeweiligen Wirkung erklären wir Ihnen gern in einem persönlichen Gespräch.
2. Wie sieht die Zusammensetzung des Betriebsrates aus?
Die genaue Zahl der Betriebsratsmitglieder wird unter § 9 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) festgelegt; je mehr Arbeitnehmer ein Unternehmen hat, aus desto mehr Betriebsratsmitgliedern besteht der Betriebsrat.
Der Betriebsrat soll alle Arbeitnehmer des Unternehmens vertreten können; daher sieht das Gesetz unter § 15 BetrVG vor, dass er sich möglichst aus Arbeitnehmern der einzelnen Organisationsbereiche und der verschiedenen Beschäftigungsarten der im Betrieb tätigen Arbeitnehmer zusammen setzen soll.
3. Wie wählt man einen Betriebsrat?
Der Betriebsrat wird in der Regel alle vier Jahre in der Zeit vom 01.03. bis zum 31.05. in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt. Wahlberechtigte Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften können Wahlvorschläge machen. Vor Ablauf der Amtszeit des Betriebsrates ist ein Wahlvorstand zu bestellen. Dieser hat die Wahl gemäß § 18 BetrVG einzuleiten, durchzuführen und das Ergebnis der Wahl festzustellen.
Da § 19 BetrVG die Anfechtung einer rechtsfehlerhaften Betriebsratswahl im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ermöglicht, sollten bei der Wahl des Betriebsrates tunlichst Fehler vermieden werden. Wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist, kommt nämlich eine Wahlanfechtung in Betracht.
Die Wahlberechtigung wird in § 7 BetrVG geregelt. Alle Arbeitnehmer des Betriebes, welche das 18. Lebensjahr vollendet haben, sind wahlberechtigt. Auch wahlberechtigte Leiharbeitnehmer, die regelmäßig im Entleiherbetrieb beschäftigt werden, sind bei der Größe des Betriebsrates zu beachten. Die Wählbarkeit wird unter § 8 BetrVG näher dargestellt. Demnach sind grundsätzlich alle Wahlberechtigten, die sechs Monate dem Betrieb angehören, wählbar.
Im Übrigen sind die Normen über das Wahlverfahren unter §§ 9 – 18 BetrVG und die Vorschriften der Wahlordnung zu berücksichtigen. Wenn in einem Betrieb etwa eine unrichtige Anzahl von Betriebsratsmitgliedern gewählt wird, stellt dies einen Verstoß gegen die Vorschriften über das Wahlverfahren dar. In entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 3 BetrVG kann der gebildete Wahlvorstand bei der Durchführung seiner Aufgaben einen Rechtsanwalt als Sachverständigen hinzuziehen, wenn eine vorherige Vereinbarung mit dem Arbeitgeber besteht. Andernfalls ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die dadurch entstehenden Kosten nach § 20 Abs. 3 Satz 1 BetrVG zu tragen. Gerne stehen Ihnen unsere Arbeitsrechtsexperten bei Fragen rund um das Thema „Betriebsratswahl“ zur Verfügung.
4. Genießen die Mitglieder des Betriebsrates Kündigungsschutz?
Die Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes ist nach § 15 Abs. 1 S. 1 KSchG unzulässig. Nur dann, wenn es einen wichtigen Grund zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung besteht und zuvor eine Zustimmung des Betriebsrates gem. § 103 BetrVG zur Kündigung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt worden ist, ist die Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes möglich.
Eine Kündigung von Betriebsratsmitgliedern wegen Betriebsstillegung ist nur unter Einhaltung der Kündigungsfristen und frühestens zum Zeitpunkt der Stilllegung möglich (BAG, Urt. v. 29.03.1977 – 1 AZR 46/75 – NJW 1977, 2182-2183).
Die ordentliche Kündigung eines BR-Mitgliedes ist allerdings unwirksam, wenn eine Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb des Unternehmens möglich ist. Zur Prüfung dieser Voraussetzung sollten Unternehmen nicht auf anwaltlichen Rat verzichten, weil man an der Stelle Fehler machen kann.
5. Welche Informationspflichten seitens des Arbeitgebers gibt es gegenüber dem Betriebsrat?
Ohne die erforderlichen Informationen seitens des Arbeitgebers kann der Betriebsrat die ihm von Gesetzes wegen zugewiesenen Aufgaben nicht erfüllen. Der Arbeitgeber schuldet dem Betriebsrat sogar diejenigen Angaben, die dieser benötigt, um beurteilen zu können, ob und inwieweit Mitbestimmungsrechte in Betracht kommen (BAG, Urt. v. 15.12.1998 – 1 ABR 9/98 – DB 1999, 910).
Zu den einzelnen Informationsrechten gehören unter anderem:
- Eine allgemeine Informationspflicht des Arbeitgebers ist in § 80 Abs. 2 BetrVG geregelt, sofern der Betriebsrat die Auskünfte benötigt, um seine Aufgaben durchführen zu können.
- Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat gemäß § 80 Abs. 2 BetrVG rechtzeitig und umfassend auch bezüglich der Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis stehen, zu unterrichten. Diese Informationspflicht erstreckt sich zum Beispiel auf freie Mitarbeiter oder Leiharbeitnehmer.
- Nach § 85 Abs. 3 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über die Behandlung der Beschwerden von Arbeitnehmern zu unterrichten.
- Der Betriebsrat ist gem. § 90 BetrVG vom Arbeitgeber über die Planung von Neu-, Um- und Erweiterungsbauten betreffend Fabrikations-, Verwaltungs- und sonstige betriebliche Räume, von technischen Anlagen, von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen oder der Arbeitsplätze unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen rechtzeitig zu unterrichten. Die Beratung soll so rechtzeitig stattfinden, dass Vorschläge und Bedenken des Betriebsrates bei der Planung des Arbeitgebers berücksichtigt werden können.
- Eine umfassende Unterrichtungspflicht gegenüber dem Betriebsrat besteht nach § 92 BetrVG auch bei der Personalplanung im Hinblick auf den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf und mögliche personelle Maßnahmen.
- Wie bereits oben erwähnt, hat der Arbeitgeber den Betriebsrat bei personellen Einzelmaßnahmen nach § 99 BetrVG zu unterrichten.
- Das Unternehmen hat den Betriebsrat im Falle einer geplanten Betriebsänderung gem. § 111 BetrVG rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und mit ihm die geplanten Betriebsänderungen zu beraten.
- Nach § 105 BetrVG ist auch die beabsichtigte Einstellung oder personelle Veränderung eines leitenden Angestellten dem Betriebsrat rechtzeitig mitzuteilen.
- Vor Erstattung einer Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG ist der Betriebsrat zu unterrichten.
Fragen zu Ihrem konkreten Fall im Hinblick auf eine mögliche Informationspflicht des Arbeitgebers oder zu der Frage, welche Konsequenzen die Verletzung der Informationspflicht nach sich zieht, beantworten unsere Arbeitsrechtsexperten schnell und zuverlässig.
6. Wie kann der Betriebsrat seine Interessen durchsetzen?
Wie bereits erwähnt, sind durchsetzbare Mitwirkungsrechte des Betriebsrates etwa unter § 87 Abs. 1 BetrVG geregelt. Wenn es nicht zu einer Einigung zwischen den Betriebsparteien kommt, ist eine Einigungsstelle Nach § 87 Abs. 2 BetrVG einzuschalten.
Im Übrigen sind die Gerichte für Arbeitssachen zuständig für Streitigkeiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz im Wege des Beschlussverfahrens. Bei der Prüfung und Durchsetzung Ihrer Rechte nach dem Betriebsverfassungsrecht stehen Ihnen unsere Arbeitsrechtsexperten mit Rat und Tat zur Seite.
7. Wer bezahlt für die rechtliche Beratung des Betriebsrates?
Wenn es nicht um die Vertretung des Betriebsrats in einem Verfahren vor der Einigungsstelle oder vor Gericht geht, sondern um die Beratung des Betriebsrats außerhalb solcher Verfahren, ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts § 80 Abs. 3 BetrVG – mit Ausnahme der Fälle des § 111 Satz 2 BetrVG – die alleinige Rechtsgrundlage für die Heranziehung sachkundiger Personen durch den Betriebsrat (vgl. BAG 26. Februar 1992 – 7 ABR 51/90 – juris).
Nach § 80 Abs. 3 kann der Betriebsrat nämlich nur nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber bei der Durchführung seiner Aufgaben Sachverständige (z.B. Rechtsanwälte) hinzuziehen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben erforderlich ist.
Im Falle einer Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG kann der Betriebsrat allerdings in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen. Eine vorherige Verständigung mit dem Arbeitgeber und des Nachweises der Erforderlichkeit im Einzelfall bedarf es in solchen Fällen nicht mehr.
8. Welche Stellung hat die Gewerkschaft im Betrieb?
Es besteht eine Verpflichtung für den Arbeitgeber und den Betriebsrat, mit der Gewerkschaft zusammenzuarbeiten, § 2 Abs. 1 BetrVG. Der Betriebsrat kann die Gewerkschaft um ihre Unterstützung bitten. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz haben Gewerkschaften diverse Teilnahme-, Initiativ-, Beratungs- und Kontrollrechte. Zum Beispiel soll der Betriebsrat bei der Ausübung seiner Mitbestimmungsrechte unterstützt werden. Unter welchen Voraussetzungen eine solche Unterstützung möglich ist, beantworten Ihnen gern unsere Arbeitsrechtsexperten.
Grundsätzlich haben Gewerkschaften ein Zutrittsrecht zu Betrieben, um dort auch durch betriebsfremde Beauftragte um Mitglieder zu werben. Es ist jedoch zu beachten, dass das Zutrittsrecht nicht unbeschränkt besteht; die geschützten Belange des Arbeitgebers (insbesondere das Interesse an einem störungsfreien Arbeitsablauf und der Wahrung des Betriebsfriedens) können dem entgegenstehen.