Der Wirtschaftsausschuss – Bindeglied zwischen Unternehmer und Betriebsrat?!
1. Für welche Unternehmen ist ein Wirtschaftsausschuss zu bilden? Wie setzt er sich zusammen? Wie lange ist die Amtszeit?
Wenn ein Unternehmen in der Regel mehr als einhundert ständig beschäftigte Arbeitnehmer hat, ist ein Wirtschaftsausschuss nach § 106 BetrVG zu bilden.
In § 107 BetrVG ist geregelt, dass der Wirtschaftsausschuss aus mindestens drei und höchstens sieben Mitgliedern besteht. Hierbei spielt die Größe des Unternehmens keine Rolle. Der Betriebsrat bestimmt die konkrete Zahl der Mitglieder des Wirtschaftsausschusses.
DR. WOLF-RÜDIGER VON DER FECHT
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Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses müssen im Unternehmen beschäftigt sein. Die Mitgliedschaft mindestens eines Betriebsratsmitglieds im Wirtschaftsausschuss ist gesetzlich vorgeschrieben. Die Mitglieder sollen zur Erfüllung ihrer Aufgaben die erforderliche persönliche und fachliche Eignung besitzen. Ein wirtschaftliches Grundwissen wird vorausgesetzt. Ein Freistellungsanspruch für Bildungsveranstaltungen analog § 37 BetrVG wird vom Bundesarbeitsgericht in der Regel abgelehnt.
Die Amtszeit der Wirtschaftsausschussmitglieder ist mit der Amtszeit der Betriebsratsmitglieder verknüpft. Endet die Amtszeit des Betriebsrates, so endet auch die Amtszeit des Wirtschaftsausschusses. Im Regelfall beträgt die Amtszeit vier Jahre.
Für Rückfragen rund um das Thema „Wirtschaftsausschuss“ stehen Ihnen unsere Arbeitsrechtsexperten gern zur Verfügung.
2. Welche Aufgabe hat der Wirtschaftsausschuss? Wie arbeiten der Betriebsrat und der Wirtschaftsausschuss zusammen? Welche Informationen dürfen ausgetauscht werden?
Seine Hauptaufgabe besteht darin, wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Unternehmer zu beraten und den Betriebsrat zu unterrichten.
Nach § 106 Abs. 2 S. 1 BetrVG hat das Unternehmen den Wirtschaftsausschuss umfassend und rechtzeitig über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens – unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen – zu unterrichten. Zu diesen erwähnten Unterlagen kann zum Beispiel der jährliche Wirtschaftsprüfungsbericht gehören. Der Wirtschaftsausschuss soll einerseits mit dem Arbeitgeber beraten und andererseits hat er den Betriebsrat über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu unterrichten, damit der Betriebsrat gegebenenfalls weitere Schritte einleiten kann. Der Wirtschaftsausschuss hat nämlich kein eigenes Mitbestimmungsrecht.
Unter § 106 Abs. 3 Nr. 1 – 10 BetrVG werden die wirtschaftlichen Angelegenheiten aufgezählt, über die er mit dem Unternehmen zu beraten und worüber er den Betriebsrat zu unterrichten hat. Dazu gehören beispielsweise die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens, Rationalisierungsvorhaben oder die Verlegung von Betrieben oder Betriebsteilen.
Es ist gesetzlich geregelt, dass der Wirtschaftsausschuss über jede Sitzung dem Betriebsrat unverzüglich und vollständig zu berichten hat, § 108 Abs. 2 BetrVG. Dabei hat er auch auf etwaige Geheimhaltungspflichten hinzuweisen. Zudem ist der Jahresabschluss unter Beteiligung des Betriebsrates dem Wirtschaftsausschuss zu erläutern.
Streitigkeiten, die den Wirtschaftsausschuss betreffen, oder bei der Frage, ob es sich im konkreten Fall um wirtschaftliche Angelegenheiten handelt, werden im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber geklärt. Unsere Experten im Bereich Arbeitsrecht vertreten Sie gern vor dem Arbeitsgericht.
Über Streitigkeiten, welche die Erteilung der Auskunft gemäß § 109 BetrVG betreffen, hat eine Einigungsstelle zu entscheiden, wenn eine Einigung zwischen Betriebsrat und Unternehmer nicht zustande kommt.
3. Genießen die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses Kündigungsschutz? Wie sieht ihre Rechtsstellung aus?
Da die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses nicht automatisch zum Personenkreis des § 15 KSchG gehören, genießen sie als solche keinen besonderen Kündigungsschutz. Es greift hier nur der Schutz gemäß § 78 S. 2 BetrVG KSchG.
Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses dürfen nach § 78 S. 1 BetrVG in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Auch ist eine Benachteiligung oder Begünstigung wegen ihrer Tätigkeit gemäß § 78 S. 2 BetrVG ausgeschlossen, wobei dies auch für ihre berufliche Entwicklung gilt.
Hinsichtlich der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse unterliegen die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses einer Geheimhaltungspflicht nach § 79 Abs. 2 BetrVG.
4. Kann der Wirtschaftsausschuss zur Erfüllung seiner Aufgaben einen Sachverständigen hinzuziehen? Wer trägt die etwaigen Kosten?
Zu der Frage, ob der Wirtschaftsausschuss zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben einen Sachverständigen hinzuziehen kann, ist auf § 108 Abs. 2 S. 3 BetrVG in Verbindung mit § 80 Abs. 3 S. 1 BetrVG zu verweisen. Zur Hinzuziehung eines Sachverständigen ist eine nähere Vereinbarung mit dem Arbeitgeber notwendig. Wenn eine solche aber vorliegt, hat der Arbeitgeber die Kosten des Sachverständigen (z.B. eines Rechtsanwalts) zu tragen.
Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, wenn Sie konkrete Fragen zu den Rechten und Pflichten der Mitglieder des Wirtschaftsausschusses haben.